Wir warten alle gespannt auf das „next big thing“, das Jahr 2007 ist schon etwas her. Disruptive Veränderungen sind gut zu erinnern, wenn sie mit einem konkreten Gegenstand verbunden sind und wirken dann wie eine Zäsur, wie vertikal disruptiv. Andere Umwälzungen vollziehen sich leiser, mehr im Hintergrund und haben nicht minder Einfluss auf unser Leben, unsere Gesellschaft. Software ist so eine Sache, und vermutlich eher lateral disruptiv.

Sie läuft nicht nur auf unseren Rechnern, sondern wird zunehmend integraler Bestandteil von Haushaltsgeräten, Werkzeugen, Fahrzeugen, Anlagen und Maschinen, Produkten in der Medizintechnik. Wandeln sich Automobilhersteller inzwischen nicht eher zu Softwarekonzernen? Immer mehr Produkte werden „software-defined“ entwickelt und Produktentwicklung, Software und Systemintegration verschmelzen immer mehr miteinander.

Und wenn Software erst integraler Bestandteil der Produktion wird, dann lassen sich auch Daten aus dem Monitoring von Fahrzeugen, Maschinen, Anlagen und anderen physischen Produkten generieren. Kann man diese beispielsweise mit Hilfe Künstlicher Intelligenz als Echtzeitdaten auswerten, dann wird Predictive Maintenance die Welt ein wenig sicherer machen.

Rolls-Royce überwacht so zum Beispiel seine Flugzeugtriebwerke und kann vorausschauend erkennen, wann Wartung wo nötig wird. Gleichzeitig explodieren dadurch auch die Datenmengen: Allein die Atlantiküberquerung eines Großraumfliegers erzeugt dafür bis zu mehreren Terabyte Daten. Wo führt uns das alles hin?  Schaut man sich die Prognosen für das Internet of things an, dann taucht die Vorstellung der Data-driven-Company immer häufiger auf. Es wird sehr schnell nicht bei companies bleiben.

Es waren noch andere Zeiten als ich die MS-Dos Floppy Disk 5 ¼ Zoll ins Laufwerk geschoben habe. Im ZEIT-Magazin berichtet der Ingenieur und Biophysiker Hugh Herr davon, wie er die Amputation seiner Unterschenkel in seiner Jugend dadurch verkraften konnte, dass er sich selbst gut steuerbare Prothesen baute, mit deren Hilfe er besser klettern konnte als zuvor. Entscheidender aber ist sein Hinweis darauf, dass heute bei der Amputation vom Patienten festgelegt werden kann, dass seine Muskeln mit einer Elektrode versehen wird, so dass die zukünftige Prothese Nervenimpulse auslesen und ihre Bewegung zurückmelden kann. Damit steht die Tür zu nervengesteuerten Prothesen offen. Weltweit sind bereits 40 Menschen auf diese Weise mit ihren Prothesen verbunden und es werden wohl immer mehr. Software macht nicht halt vor der menschlichen Hülle.

Auch wenn ich viele Sympathien für Platon habe, werde ich jetzt nicht in sein typisches Lamento einstimmen. Ehrlich gesagt bin ich neugierig und gespannt, auf das, was da kommt und es ist ein Gamechanger: die Durchdringung der Welt und der Menschen durch Software. Läuft alles schon, aber ist bislang wenig sichtbar. Vermutlich wird das irgendwann kippen. Bald? Und ja: Missbrauch wird es geben und viele ethische und gesellschaftliche Fragen sind noch offen. P.S.: Die Idee der verfressenen Software stammt von Marc Andreessen und wurde 2011 in der Washington Post veröffentlicht und ist hier gut zu lesen.

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