Ein ehernes Gesetz des Schreibens ist es, Gefühl und Erleben direkt zu schildern und nicht nur das Resultat zu benennen. „Sie bekam plötzlich Angst“ wäre so ein Satz, der wenig anschaulich ist. Besser ist es, Reaktionen nachvollziehbar zu beschreiben: „Sie riss die Augen auf, plötzlich fing alles an sich zu drehen, schnell griff sie stützend zur Wand. Die Jeans klebte jetzt an ihren Beinen, ihre Knie zitterten.“ Ja, die Person hat wohl Angst oder eine Panikattacke, so wird das deutlich.

Anschaulich und begreifbar zu schreiben, hilft auch in der B2B-Kommunikation für neue Technologien. Gerade aus der Sicht von Technologieunternehmen scheint es verführerisch zu sein, die neuen technischen Möglichkeiten direkt anzubieten statt den Mehrwert deutlich werden zu lassen. Trendthemen wie Künstliche Intelligenz oder das Metaverse zeigen dies deutlich. Es geht dann um „Mehr Effizienz durch KI“ oder die „Erweiterung des Geschäftsmodells im Metaverse“. Hört sich beeindruckend an, ist manchmal Wortgeklingel und es nimmt dann nicht Wunder, dass zum Beispiel in Befragungen konstatiert wird: „In den meisten von Lünendonk befragten Unternehmen (76 %) gibt es noch keine einheitliche und bereichsübergreifende Definition und Konkretisierung dieses Begriffs. Und selbst dort, wo sie vorhanden ist, existiert kein einheitliches Verständnis von KI und ihrem Benefit für das Unternehmen“. Beratungshäuser garnieren das gerne mit einem Hype-Cycle und der Warnung, nicht zu spät auf den Zug aufzuspringen und wie wichtig es ist, als „early adopter“ dabei zu sein, um zukünftige Marktanteile frühzeitig zu sichern. Am besten alles noch mit Verweis auf die digitale Transformation. Da will, ja, da muss man doch dabei sein. Business bullshit.

Es hilft nicht, wenn man im Beispiel der Künstlichen Intelligenz nur davon spricht, dass  „erst durch die Kombination von RPA mit ML und KI die Automatisierung von komplexen Prozessen ermöglicht wird“. Es ist ein bisschen wie im Arztbericht des Gastroenterologen: Das Medizin-Latein suggeriert Expertenstatus, hält aber den Betroffenen davon ab, zu verstehen, dass er ein Magengeschwür hat. Entscheider verfügen selten über Detailwissen und müssen doch unter Unsicherheit entscheiden. Dabei hilft es Technologieunternehmen eher, Wirkungen zu schildern, statt Tools und Technologien prominent in den Vordergrund zu stellen.

Wieviel anschaulicher ist es doch, wenn von Flugzeugen und den Daten ihrer Triebwerke erzählt wird: „Unternehmen wie Boeing und Rolls-Royce erhalten mit In-Flight-Analytics wertvolle Einblicke in die Performance ihrer Produkte: Eine Boeing 787 erzeugt pro Flug mindestens 500 Gigabyte an auswertbaren Daten. Bei Langstreckenflügen kommen sogar mehrere Terabyte an Daten zusammen. Das zivile Flugzeugverfügbarkeitszentrum von Rolls-Royce beispielsweise überwacht so kontinuierlich die Daten von 4.500 in Betrieb befindlichen Triebwerken.“ Gerade in Anfangsstadien neuer Technologien ist es gewinnender, wenn durch Geschichten anschaulich die neuen Möglichkeiten in den Vordergrund gestellt werden als die Kommunikation nur mit technischen Schlagwörtern zu bestreiten. Der C-Level will vielleicht gar nicht im Detail wissen, wie das Problem gelöst wurde, sondern nur dass es gelöst wurde und damit folgende Vorteile verbunden sind. Sagen, was ist. Lang lebe der Use case.

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