Warten wir nicht alle auf den nächsten iPhone-Moment? The next big thing? In den letzten beiden Jahren war es das Metaverse. Gartner und McKinsey prophezeiten Milliarden-Umsätze. Inzwischen tröpfelt es eher. Der Reiz (und kurzfristige Hype) Die Apple Vision Pro verlängerte Anfang des Jahres noch mal den Hype, aber die Aufmerksamkeit dafür lag wohl eher darin begründet, dass sie in Deutschland nicht zu haben war. Von Erfolg kann man wohl kaum reden. Warum floppt das Metaverse?

Anders formuliert: Wann sind Veränderungen, Transformationen erfolgreich?  Meist bewegt sich das Pendel für die Erklärung zwischen Individuum und Struktur. Wenn es am Individuum gelegen hat, dass sich nichts ändert, dann ist das so, weil keine Motivation, andere Prioritäten, nicht vorbereitet, nicht genügend angeleitet, not invented here usw. Und sucht man dann das Floppen nicht über das Individuum zu erklären, sondern über die Gruppe, Community, Gesellschaft, ja dann ist es doch klar, dass es nicht am individuellen Willen lag, sondern an den Strukturen, an den Rahmenbedingungen, an den Leitplanken. Gerade in der Politik ist es äußerst schwierig, Veränderungen zu erwirken, denn es geht nur über den Kompromiss. Equilibrium vincit.

Und dann gibt es noch was dazwischen: die sozialen Praktiken. Diese liegen auf einer Erklärungsebene zwischen Individuum und Struktur. Nehmen wir mal das Beispiel E-Auto: Man schaut dann nicht auf den fehlenden Willen zum E-Auto des Einzelnen und auch nicht auf die Politik, die es beispielsweise versäumt, Kaufanreize zu setzen, sondern man betrachtet den Mobilitätssektor, wie dieser in bestimmten Umgebungen sozial funktioniert und definiert abgeleitet davon, wie Innovationen anschlussfähig sein könnten.

Ein anschauliches Beispiel für die Bedeutung sozialer Praktiken für das Gelingen von Veränderungen lieferte das Cool-Biz-Programm der japanischen Regierung: Sie verpflichtete 2005 dazu, dass die Raumtemperatur in den Büros von den üblichen 20-23 °C in den Sommermonaten auf 28 °C erhöht werden musste. Gleichzeitig führte der damalige Premierminister in einer Kampagne eine neue Kleiderordnung für das Büro ein: Statt traditionellen Anzügen mit langärmeligen Hemden waren nun T-Shirts und leichte Stoffe angesagt. Wer wollte, konnte sich dann zusätzlich einen Button anstecken: „Entschuldigt mein Outfit – ich mache cool biz“. Aufgrund der höheren Raumtemperaturen mussten die Klimaanlagen nicht mehr so stark arbeiten und es konnten 1,4 Mio. CO2 in zwei Jahren eingespart werden, was den monatlichen Emissionen von rund 3 Millionen Haushalten entspricht. In diesem Beispiel werden also nicht Individuen irgendwie motiviert, CO2 einzusparen, sondern ein Wandel der Büroklimatisierung im Zusammenspiel mit der Praktik des Kleidens führte zum erfolgreichen Change.

Die sozialen Praktiken erklären für mich auch, warum das Metaverse ein Flop und Künstliche Intelligenz ein Gamechanger ist. Es ist nicht einfach und außerdem sehr unbequem, eine VR-Brille aufzusetzen. Wegen des Spaßes hält man es mal für zwanzig Minuten aus. Aber die Vorteile des Spatial Computings sind nicht so zwingend, dass ich mir den Klotz 10 Stunden am Tag vors Gesicht schnallen würde.

Anders ist es mit KI, wenn sie sich dort entfaltet, wo ich sowieso ständig arbeite: auf dem Smartphone. Der erste Schritt waren die LLMs mit ihrem Sprachverständnis. Den nächsten Schritt geht Apple gerade, indem die KI tief in die Funktionalitäten der Apps eingreift. Sie erleichtert uns die sozialen Praktiken des Organisierens, Ordnens, Verknüpfens usw. Firmen wie Bosch arbeiten bereits daran, KI IN ALLES zu integrieren. Die Sprachsteuerung wird dominant werden. Wir fürchten uns gerne mit dystopischen Bildern von Robotern, die dominieren. Es passiert eleganter und zwar mit dem Smartphone in der Hosentasche. Und nicht gegen, sondern mit unserem Willen.

Wer für Veränderungen in Unternehmen verantwortlich ist, kann vielleicht davon profitieren: dass man sich auf die sozialen Praktiken konzentriert, in die die Transformation, die Innovation eingebettet sein muss. So wird Veränderung leicht(er) und kann gelingen.

Bild: unsplash.com

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