Das ist angelehnt an das berühmte: Think different von Apple. Zwei Worte, die Aufforderung: Denke das Andere! Was erst nur wie die bunte Werbekampagne eines Unterhaltungselektronikherstellers aussah, entpuppte sich als das strategische Innovationsprogramm der neueren Wirtschaftsgeschichte. Und wie das iPhone unsere Wirklichkeit verändert – absolut Hammer!
Lösungen jenseits des Mainstreams zu finden, garantiert manchmal einen Welterfolg, zumindest aber Aufmerksamkeit durch Distinktion. Gefährdet sind diese durch Standards, Routinen, Defaults, die es sich gerne gemütlich machen in der reibungslosen Unaufmerksamkeit des täglichen Müssens. Schriftarten gehören zu solchen vertanen Chancen. So wie der Spiegel und die dpa unsere Sprache (de)formieren, so überformt Microsoft mit seinen Standardschriften unser typografisches Empfinden. Times New Roman: 9 Jahre, Verdana: 11 Jahre, Calibri: 15 Jahre. Serifenlos for ever. Ob das einen Einfluss auf das Design hat? Ein wenig. Schauen wir uns doch mal die Logo-Redesigns der letzten Jahre in der Modeindustrie an:
Das ist keine Argumentation gegen Redesign, aber für ein Type different statt samesame. Und ich muss zugeben: Ich leide unter der ästhetischen Verarmung, die damit einher geht. Wenn der Erkenntnisgewinn von UX darin besteht, Lesbarkeit auf kleinen digitalen Displays zu garantieren und die Welt typografisch auf Serifenlos zu reduzieren, dann Gute Nacht Marie.
Man würde erwarten, dass Softwareunternehmen, die Treiber der digitalen Transformation unserer Gesellschaft, mutig und inspirierend vorangehen und typografisch Türen aufstoßen. Mit wenigen Ausnahmen: Fehlanzeige. Wirklich Kreatives und Neues findet sich eher bei Craft-Bier-Herstellern oder bei Eisherstellern, die den hölzernen Löffel zum Ausgangspunkt der Schriftgestaltung machen (Quelle: Monotype). Nice dieses ice.
Oder die Bank iD, die für sich eine Exklusivschrift entwickeln lassen hat, deren eingekerbte Buchstaben an Schlösser und Schlüssel erinnern – ein Thema, das für eine Bank eine gewisse Bedeutung hat und so den Mehrwert typografisch unmittelbar zum Ausdruck bringt, instruktive Distinktion. Was will man mehr? Das typografisch anders Gedachte, das will ich mehr.
