Kraftvolle Worte, eleganter Satzbau, Sprachwitz und feinsinnige Ironie – ja, das wollen wir lesen und noch besser: schreiben können. Von Zuchtmeistern wie Wolf Schneider kann man das lernen und das Schreiben wird deutlich besser. Aber wirkt es auch? Auf andere? Verhaltensändernd? Und: Kann ein Wort mehr oder weniger wirklich einen Unterschied machen? Sprache soll im ersten Schritt verständlich sein, das ist die Voraussetzung. Aber dann wird es erst richtig spannend: Wie nutze ich die soziale Seite der Sprache, damit sie wirkt?

Robert Cialdini, emeritierter Professor für Psychologie und Marketing, hat die Wirkkraft von Worten an so trivialen Dingen wie Hotelhandtüchern und Aufforderungen zur Abgabe der Steuererklärung getestet. Ergebnis: Rein rationale Argumente sind weniger überzeugend. Erst wenn sozialpsychologische Prinzipien berücksichtigt werden, zeigen Botschaften deutlicher Wirkung.

Wie werden Worte zum Beispiel in Hotels verhaltenswirksam? Im Zeitalter des Klimawandels stellt sich die Frage, ob man Handtücher während des Hotelaufenthaltes nur einen Tag oder länger benutzt. Entsprechende Hinweisschilder bitten deshalb die Gäste, Handtücher mehrmals zu verwenden, um Ressourcen zu schonen, Energie zu sparen, die Belastung der Umwelt zu verringern. Kommunikationsstrategisch wird fast immer an das Umweltbewusstsein der Gäste appelliert. Der Erfolg ist mäßig: die meisten Hotelgäste, in deren Bädern diese Schilder hingen, verwendeten ihre Handtücher während ihres Aufenthaltes mindestens einmal wieder. Hand aufs Herz: Wer von uns wechselt zu Hause schon jeden Tag das Handtuch? Wie also müsste der Text formuliert werden, damit die Handtücher auch im Hotel häufiger verwendet werden?

Im Experiment wurden verschiedene Schildtexte getestet. Es zeigte sich, dass Gäste, die auf ihren Schildern lasen: „Die meisten anderen Gäste haben ihre Handtücher wiederverwendet“, um 26 Prozent häufiger die Handtücher wiederverwendeten als die, die nur mit dem Umweltschutzargument konfrontiert worden waren. Und fügte man noch drei Worte hinzu: „Die meisten anderen Gäste in diesem Zimmer haben ihre Handtücher wiederverwendet“ stieg die Erfolgsquote noch einmal um ein paar Prozentpunkte.

Ähnlich erfolgreich war diese Art zu formulieren in Großbritannien: Ein bislang verwendeter Standardbrief wurde überarbeitet, der die möglichen Strafen für ein nicht rechtzeitiges Abgeben der Steuererklärung in den Mittelpunkt stellte. Dabei wurde ein einziger, fett gedruckter Satz hinzugefügt. Wahrheitsgemäß wies er darauf hin, dass die meisten Menschen in Großbritannien ihre Steuern rechtzeitig bezahlten. Die Wirkung war sofort spürbar: ein 5-prozentiger Anstieg beim fristgerechten Einreichen der Erklärungen. Eine weitere kleine Änderung wurde noch wirksamer: Man bezog sich hier auf die große Anzahl von Menschen mit der gleichen Postleitzahl wie der Empfänger bzw. die Empfängerin, die fristgemäß abgab. Diese Ergänzung erhöhte den Rücklauf noch einmal um 12 Prozentpunkte.

Verständliche Sprache ist die Voraussetzung, Wirkung erzielt sie aber vor allem dann, wenn sie soziale Prinzipien berücksichtigt, wie zum Beispiel das der sozialen Bewährtheit: Wenn Menschen nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen, neigen sie dazu, sich am Verhalten anderer in ihrem Umfeld zu orientieren. Es lohnt sich also, Kommunikation nicht nur verständlich zu gestalten, sondern auch die Psychologie des Überzeugens zu berücksichtigen und die Bilder, die vor dem geistigen Auge unserer Leser*innen aufsteigen.

P.S.: Sie wollen mich engagieren und anrufen? Mit der Bitte um Verständnis: Falls alle Leitungen besetzt sind, rufen Sie bitte später noch einmal an 😉

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