In immer kürzerer Zeit müssen Ergebnisse mit weniger Mitarbeitenden erreicht werden. Je älter, größer und gewachsener Organisationen sind, desto mehr müssen sie mit
(Vor-)Urteilen kämpfen: zu viele Silos, zu starr, zu langsam. Die großen Tanker träumen von der Beweglichkeit der kleinen Beiboote und kreieren Hubs und Accelerators.

Ein Meetup der Gruppe „New Work Munich“ beim Technologieunternehmen iteratec GmbH widmete sich Ende Oktober den Erfahrungen mit der agilen Transformation. Entsprechende Impulsvorträge spannten sich von der agilen Vermittlung von Qualitätsindikatoren in der Medizin über die Grenzen agiler Transformation im Entertainment-Konzern bis hin zur sukzessiven Einführung von agilen Teams für die Bearbeitung der Systemlandschaft bei einem regionalen Telekommunikationsanbieter. Schnell wurde deutlich, dass teilweise über 10 Jahre Erfahrung mit agiler Methodik zur Anpassung der „reinen Lehre“ an das jeweilige Unternehmen führten, um erfolgreicher zu sein. Auch war allen klar, dass es Corporate-Bereiche gibt, in denen das Vorgehen keinen Nutzen stiftet – Juristen und Controller atmeten erleichtert auf. Um dem Unternehmen dauerhaft mehr Agilität zu verschaffen, reicht es nicht aus, Rollen auszubilden, sondern agiles Denken und Handeln muss auch nachhaltig im Leadership verankert werden. Kostet, braucht Zeit.

Alles soll, muss agiler werden. Und da geht es nicht nur um Prozesse, sondern auch um das Mindset, die Organisationskultur. Gerne werden individuelle Programme auf Organisationen angewendet, denn die notwendige Transformation macht dem Einzelnen Sinn, aber zu aller Überraschung reagiert die Organisation mit Widerstand, zeigt Unbeweglichkeit. Mit dem Blick auf den Unterschied von Individuum und Organisation möchte man da den Veränderern zurufen: Mind the gap!

Diesen Unterschied markieren Regeln und Ressourcenverteilungen, die in der Organisation gelten. Sie sichern den Bestand, die Beständigkeit der Organisation. Und machen sie in mancher Augen träge, langsam, schwerfällig. Agile Veränderungen kratzen an dieser Ordnung, wollen ein anderes Spiel implementieren, das funktionaler sein soll.

Die Dysfunktionalität von Organisationen ist jedem alten Hasen bekannt und er hat Mittel und Wege gefunden, trotzdem Ziele und Ergebnisse zu erreichen. Das ist der Bauch der Organisation, die informelle Organisation, in der sich alle still zunicken und das Ding durchziehen. Nächstes Mal hilfst du dann mir. Wenn man so will: Jeder Organisation ist ihre agile Variante als informelle inhärent.

Was bei der Einführung von mehr Agilität passiert, ist, dass ein Teil der informellen Organisation zur Formalstruktur erhoben werden soll. Ein Umbau, dem die Organisation vor allem mit einem begegnet: Widerstand. Und genau hier schließt die Kommunikation an, die das Gelingen solcher Change-Prozesse entscheidend absichern sollte, kann.

Wenn also beispielsweise die Kundenorientierung und der Kundenservice agiler gestaltet werden sollen, dann lohnen sich vorab die Fragen: Wie wird in der Organisation eigentlich das Verhältnis von Produktverkauf und Service gewichtet?  Welche Belohnungen bzw. Sanktionen übt die Organisation aus, um mit gutem bzw. schlechtem Service umzugehen?  Was passiert, wenn Kulanz in der Bearbeitung von Servicewünschen nicht mit den formalen Prozessen und Budgets der Organisation abbildbar ist? All diese Fragen helfen zu verstehen, warum Widerstand rational handelnder Akteure zu erwarten ist. Darauf muss die Change-Kommunikation die agilen Akteure vorbereiten. Und das Ohr am Bauch der Organisation während der gesamten Transformation ist wichtig als Resonanzkörper für den Change-Prozess. Das ist das beste Agilitäts-Assistenzsystem, um Auffahrunfällen in Organisationen vorzubeugen, wenn wieder mal jemand bremst.

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