In der Politik dominieren Krisen und zunehmend profilieren sich autoritäre Führer. In Deutschland schauen wir auf die anstehenden Landtagswahlen und sind besorgt ob der Prognosen. Aber wie sieht es in der Wirtschaft aus, wie in den Unternehmen? Was heißt Führung in schwierigen Zeiten und reüssieren auch hier die sogenannten „Strongmen“?

Nach der Achtsamkeit ist vor der Kettensäge: Bei Bayer wird zurzeit Organisationsentwicklung mit dem radikalen Abbau von Managementebenen betrieben; VW will ganze Werke schließen und verschiedene Unternehmen haben das Homeoffice von den Möglichkeiten zu arbeiten, wieder gestrichen oder deutlich eingeschränkt. Beim Lesen der Wirtschaftsmedien wird diese Liste täglich länger.

Bei einer Umfrage im Juni 2024 unter 1.000 Personen aus der Führungs- und Mitarbeiterebene von Unternehmen aus 22 Branchen haben 62% der Aussage „Meiner Meinung nach braucht es in Anbetracht der Krisen wieder mehr autoritäre Führung“ ganz oder teilweise zugestimmt. Dabei unterschied sich die Antwort von Führungskräften und Mitarbeitenden nur marginal um einen Prozentpunkt. Allerdings wurde diese Zustimmung unterschiedlich interpretiert: Während die Mitarbeitenden das Bedürfnis nach erhöhter Klarheit, mehr Regeln und so­zialen Strukturen hatten, hieß das für die Führungskräfte hingegen autoritäre Führung.

Da lässt sich schon fragen, ob die Bewältigung der Polykrisen und die immer wieder geforderte digitale Transformation (und wir haben den Wertewandel der Gen Z bei gleichzeitigem Fachkräftemangel im Hinterkopf) sich so bewältigen lässt?! Mich persönlich erschrecken solche Umfrageergebnisse, insbesondere da ich andere Erwartungen an die unterschiedlichen Funktionssyteme von Politik und Wirtschaft habe.

Vielleicht ist der Glaube an eine gesamtwirtschaftlich lineare Entwicklung in Richtung mehr Mitbestimmung, mehr Demokratie, mehr Achtsamkeit zu idealistisch. Wenn der Druck von außen zunimmt, ergeben sich auch in den Unternehmen Chancen für Meinungsgruppen, die bislang weniger dominant auftreten konnten, nun aber lautstark ein Comeback einfordern.

Für die Unternehmenskommunikation hat das Implikationen:

  • Wenn sie integriert sein will, muss sie dieses Spektrum an Meinungsgruppen immer mitdenken und auch adressieren, ggf. sogar daran interessiert sein, dass die Vielfalt bestehen bleibt und es weitsichtig ausbalancieren. Insofern sind sprachliche Bilder einer „Arena“ oder eines „Parlaments“ hilfreich, um der mikropolitischen Vielfalt gerecht zu werden.
  • Wenn es hart auf hart kommt, sollte die Unternehmenskommunikation gut vorbereitet sein und mögliche Meinungsbewegungen antizipiert haben. Man kann auch Ad hoc reagieren, aber erfahrungsgemäß kostet dies richtig viele graue Haare.
  • Was braucht es, um das System im Gleichgewicht halten zu können: Integrationskraft und Verlässlichkeit. Man muss nicht der gleichen Meinung sein. Aber man muss ansprechbar sein und in seinem Handeln verlässlich. Gerade die Unternehmenskommunikation muss für die unterschiedlichen Meinungsgruppen vor allem dies sein: anschlussfähig. Das ist was ganz anderes als ein „Fähnchen im Wind“.

Zuversicht wird als Heilmittel empfohlen – ich bin da weniger zuversichtlich. Ergänzen würde ich lieber Offenheit: Wenn man in schwierigen Situationen offen zugibt, dass man jetzt auch nicht mehr weiter weiß, kann das den dunklen Raum öffnen, in den man eintreten muss, damit eine bis dato verschlossene Tür aufgehen kann.

Weiterführend:

https://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/leadership-autoritaere-fuehrung-gefaehrdet-transformation/100053028.html

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