Neulich fiel mir das Wort Lernzone in einem Podcast auf. Neugierig betrat ich dieses Wort. Es roch nach Ungewöhnlichem, ich verspürte eine leichte Anspannung, schließlich konnte Unerwartetes von allen Seiten auf mich einströmen. Lernen ist für mich so ein bisschen wie im Dunkeln an der Wand entlang tasten, bis man den Lichtschalter findet. Oder wie das Ausprobieren unbekannter Bewegungsmuster, die erst mal einen Knoten im Kopf machen. Irgendwann löst sich dieser und man surft die Bewegung souverän ab.
Ganz andere Assoziationen löst der gängige Begriff Komfortzone bei mir aus. Die muss man verlassen. Dringend. Sonst stagniert man, ist nicht agil, kann nicht innovieren. Ja, es sind starke Menschen, die ständig in neue Sphären vorstoßen und wirklich was bewegen, mutig, inspirierend, ohne viel zu fragen. Ja, die gibt es. Vermutlich weit weniger als allgemein angenommen.
Anders ist es mit den Menschen, die ständig dazu auffordern, dass man doch seine Komfortzone endlich verlassen müsse. Gerne auch Führungskräfte, meist neu im Unternehmen, die gleich zu Beginn konstatieren, dass jetzt ein neuer Wind wehe und Veränderungen nur geschafft werden können, wenn sich einige hier mal endlich aus ihrer Komfortzone bewegen. Die würde man schon dazu bringen, keine Sorge. Homo economicus praepotentus.
Sprache basiert immer auf Werturteilen, ist Spiegel eines Menschenbildes. Das lässt sich runterbrechen bis auf einzelne Wörter. Wenn ich davon spreche, dass Mitarbeiter endlich mal die Komfortzone verlassen müssen, dann werden faule, träge Menschen imaginiert, die man mit einem ordentlichen Tritt in den Arsch in Richtung Veränderung motivieren muss. Führungskräfte, die so reden, konturieren zwar so ihre spitzen Stiefel, nicht aber eine gelingende Veränderung.
Die nötige Veränderung als Lernzone zu bezeichnen, kann Menschen motivieren, sich in diese zu begeben. Sich weiterentwickeln, ausprobieren, Neues adaptieren, sich im Gefühl einer gewissen Sicherheit irritieren lassen, einen neuen Rhythmus spüren, noch etwas ungelenk eine neue Bewegung probieren und damit Erfolg haben, andere Bewertungshorizonte erschließen, weil man ganz andere Ergebnisse als früher erzielt. Lernen kann so spannend sein.
Und wenn Führungskräfte diesen Change in der Lernzone ermöglichen wollen, dann müssen sie Übersetzer sein: Sie übersetzen das Neue, Ungewohnte, Frustrierende, leicht Überfordernde in bewältigbare kleine Pakete, in Sprachbilder, kleine Stories, die zu den lernenden Menschen passen, angenommen werden können, so dass es Klick! macht. Und wenn man es dann kann, motiviert das richtig. Lernzone wird dann zur Gernzone. Was dann wohl alles möglich wird?