Können wir nicht Zeit sparen, wenn wir für unser Unternehmen alles über einen Kanal kommunizieren? Dachte sich kürzlich wohl auch Herbert Diess, der Chef von VW: Er postete gleich seine 11 Seiten lange Belegschaftsinfo auf LinkedIN. Grenzen verschwimmen zunehmend, das Home-Office lässt grüßen. Twitter, Insta, IN, Corporate Website, E-Mail, Intranet, Teams, Blogs, Slack, WhatsApp – alles ganz schön viel. Viel zu viel. Das Pendeln zwischen Selbstoptimierungswahn (7 Tricks gegen die E-Mail-Flut) und Digital Detox hält an. Und stellt Kommunikatoren vor die Herausforderung: Wen erreichen wir wie?

Innerhalb der Unternehmen fristet die interne Kommunikation eher ein Schattendasein. Es gilt vielerorts immer noch das Primat der externen Kommunikation, denn die Sichtbarkeit für die Kunden ist am wichtigsten, die stringente Ausrichtung auf das Geschäft. Viele Verantwortliche geben zu, dass sie nur ein Grobkonzept für die interne Kommunikation haben. Der Diess’sche Ansatz „One fits all“ ist da schon sehr verlockend.

In IT-Unternehmen sieht die Welt seit Jahren ganz anders aus: Der Fachkräftemangel führt leider immer wieder dazu, dass Aufträge abgelehnt werden müssen und die eigenen Mitarbeitenden gehütet werden wie ein Augapfel. Gleichzeitig führt die Kreuzung von Gen Z (Ich will mitbestimmen) mit der Idee der Dezentralisierung zur Resignation vor der kommunikativen Unübersichtlichkeit. Von Steuerung keine Spur bzw. vorsichtig ausgedrückt: schwierig bis anspruchsvoll.

Die Aufmerksamkeit der Chefetagen in den IT-Unternehmen richtet sich nach intern und die Sensitivität für eine Employee Experience steigt: Über welche Touchpoints machen bestehende und zukünftige Mitarbeitende welche Erfahrungen mit dem Unternehmen, seinen Werten, seiner Kultur, seiner Tonalität, seinem Informationsverhalten, den Kanälen und seiner Veränderungsbereitschaft? Werden Purpose und Diversität an Beschäftigtengruppen wahrgenommen und adäquat adressiert? Und in welchem Verhältnis stehen Senden und Zuhören? Die interne Kommunikation hat die Aufgabe, all dies zusammenzuführen. Veränderte Berufsbiografien, Fachkräftemangel, Kanalvielfalt, Agilität, Dezentralisierung, Diversität – all dies macht die Aufgabe nicht leichter. Und am Ende des Tages sollte man sich vielleicht eingestehen: Ohne Employee Experience gibt es auch keine Customer Experience. Mein Eindruck: Hier verschiebt sich gerade das kommunikative Koordinatensystem.  

Nein: Herbert Diess hat nicht den Kommunikations-Workhack gefunden. Er hat sich darüber geärgert, dass die Betriebsratsvorsitzende ihn mehr oder weniger dazu zwang, eine Reise zu verschieben, um im Werk Rede und Antwort zu stehen. Die Eskalation dieser Schlammschlacht wurde dann in der WirtschaftsWoche genüsslich analysiert. Welchen Eindruck hat das wohl auf die Belegschaft gemacht?

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