Wie kann man sich als IT-Unternehmen bei Kund*innen und Bewerber*innen differenzieren? Dafür gibt es drei Wege: Über das Produkt, über den Kundennutzen oder über das Wie, also die Art und Weise, wie man Ergebnisse erzielt. Wenn man Individual-Software entwirft, dann geht es weniger um DAS Produkt, sondern man spricht dann über den eigenen, speziellen Ansatz, wie zum Beispiel agile Methoden, mit denen man entwickelt. Oder man stellt bestimmte Aspekte in den Vordergrund, die für die Software-Entwicklung richtungsweisend sind, Grundsätze zu Themen wie Sicherheit, Data, Performance Management usw. Beim Kundennutzen werden Success-Stories erzählt, die teilweise beeindruckend sind, wenn man die Leistungssteigerung bei der Ablösung von Altsystemen sieht oder die disruptiven Verbesserungen durch eine digitale Transformation.

So viele Differenzierungsmöglichkeiten gibt es bei diesen ersten beiden Wegen nicht, deshalb wird sehr gerne der dritte Weg eingeschlagen und über die Unternehmenskultur oder die Mitarbeiter*innen-Persönlichkeiten gesprochen, auch weil das die Zielgruppe potentieller Bewerber*innen anspricht. Schließlich machen Menschen Projekte und bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt. Ach, das ist ja mal was Neues.

Wenn der Kunde schon in mehreren eigenen Ansätzen versucht hat, sein Software-Problem zu lösen, wenn er dies schon zusammen mit oder alternativ durch externe Berater*innen vermasselt hat und die Karre richtig in den Dreck gefahren wurde, dann kommt er bzw. sie: der Krisenmanager, die Software-Heldin, der IT-Ledernacke, der Jack Reacher des Codings. Unbequem, eigensinnig, unnachgiebig, die richtigen Fragen stellend, immer ein Nein auf den Lippen und letztendlich, wenn es hart auf hart geht, ja am Ende, ganz zum Schluss, ja, muss man neidlos anerkennen, wuppt er/sie das dann. Noch mal geschafft, die Apokalypse verhindert. Ich kenne solche Menschen persönlich, ja: Es gibt sie wirklich, ich habe Respekt vor diesem Extrem-Leistungsvermögen unter Krisenbedingungen.

Aus Kundensicht ist die Zusammenarbeit mit diesen IT-McKinseys ambivalent: Man freut sich, dass man endlich die richtigen Berater*innen mandatiert hat, die anscheinend dieses verflixte Problem jetzt wirklich lösen können. Gleichzeitig nagt das Ganze am Selbstwertgefühl der eigenen IT, die es ja anscheinend nicht geschafft hat. Bei der internen Mikropolitik hat das eventuell Konsequenzen im Rahmen eines Blame-Games. Auch stellt sich das Ganze für die Organisation als Lern-Challenge dar: Schließlich hat es ja deshalb so lange nicht geklappt, weil man es so wie immer machen wollte, die alten Routinen sich aber als lösungsresistent herausgestellt haben. Jetzt ist alles anders, ist es das aber auch auf Dauer? Große IT-Lösungen sind heutzutage auch immer organisationale Transformationen und was am Ende das Tages davon überbleibt, wenn die Beraterin wieder weg ist, muss sich zeigen. Es kommt darauf an, wie stark die Lösung des IT-Problems in eine begleitende Organisationsentwicklung gelingend eingebunden ist, die gut gesicherte Brücken in die Zukunft bereitstellt.

Aus Bewerber*innensicht sind die Harten im Garten schon sehr attraktiv: Da möchte man gerne dazu gehören, in der Champions League mitspielen, selbst ein Superhero sein oder zumindest in kürzester Zeit dazu werden. Auch ein Team solcher Koryphäen verspricht Lernen von und mit den Besten, was vielleicht eine der größten Treiber im Bewerbungsprozess für Millennials ist: Von wem hier kann ich was in welcher Zeit lernen? Gleichzeitig muss einem klar sein, dass Unternehmen, die mit solchen außergewöhnlich begabten Koryphäen gestafft sind, in die Kategorie Expertenorganisation fallen. Das sind spezielle Unternehmenskulturen, die sich durch hochgradige Spezialisierung verbunden mit partizipativen Entscheidungsstrukturen auszeichnen und erhöhte Komplexität zum Beispiel bei der Steuerung und im Management mit sich bringen. Muss man mögen, muss man können, muss man drin bestehen.

IT-Unternehmen werben immer öfter mit der Eigensinnigkeit ihrer Mitarbeiter*innen. Die einen suchen den Neinsager, die anderen den Querdenker, Dritte wollen jemanden, der Prämissen richtigstellen kann. Da ähneln sich die Unternehmenskulturen des gallischen IT-Dorfes dann doch irgendwie. Aus Bewerber*innensicht ist das schon nicht mehr genügend differenzierend: Zu welchem Diamantenschleifer gehe ich denn? Anforderungsprofile setzen sich immer aus vielen Facetten zusammen, von denen ein bestimmtes Set immer gerade en vogue ist. Was kommt also nach bzw. neben den Harten im Garten? Vielleicht der Brückenbauer, der Lösungen findet, die nicht hart durchgesetzt werden müssen, sondern unterschiedliche Anforderungen durch die Benennung eines Surplus in Deckung bringt. Oder der Trainertyp, der seine Expertise über kreative, geduldige, didaktisch gut durchdachte Learnings an sein Team, Kund*innen wie Kolleg*innen, weitergibt, auch weil er sein Wissen in einer charmanten Art und Weise teilt. Oder die Katalysator*in, die in Meetings durch geschickte Irritationen und Interventionen Teams immer wieder zu Lösungen führt, die latent in ihnen schlummern. Der Garten muss nicht verzwergen oder verheroen, Vielfalt hat Charme und macht attraktiv.

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