Herrliche Erinnerungen habe ich an Familienurlaube in Hotels, die sonntags Brunch boten: Aufgereiht standen dort Jungköche am Buffet, die jeweils spezialisiert waren auf eine Zubereitungsart für Eier: Rühreier, Spiegeleier, Egg benedict usw. Jeder Koch bot noch Optionen an und so bekam man ein individuell zubereitetes Gedicht, perfekt!

Wir haben hier also die gleichen Zutaten, jeweils speziell aufbereitet. Ähnlich sehen heutzutage die Aufgaben in der Kommunikation über die unterschiedlichen Social-Media-Kanäle aus. Der Clou besteht in der Adaption des gleichen Contents für den jeweiligen Kanal, die Wirklichkeit für viele IT-Unternehmen und Mittelständler sieht anders aus: One fits all, Tools helfen dabei, die jeweilig notwendigen Formate automatisch zu generieren.

In der brandeins konnte man letzthin nachlesen, wie der Einstieg der Tagesschau-Redaktion in die Welt von Social Media aussah. Jungredakteure und Nachwuchskräfte hatten um 2013 einen Freibrief, um mit neuen Formaten jenseits der formalen Strukturen zu experimentieren. Patrick Weinhold, inzwischen verantwortlich für alle Social-Media-Aktivitäten der Tagesschau, war von Anfang an mit dabei. Rückblickend sagt er, dass man grandios gescheitert sei, was die Klickzahlen anging, es waren nur ein paar Tausend Zuschauer.

Zwei Jahre dauerte diese Lernphase, in der man erkannte, dass Tagesschau-Meldungen nicht einfach nur online verklappt werden konnten. Durch Beobachtungen, Ausprobieren, Feedback-Sammeln in denen sich die Beteiligten in einen neuen beruflichen Zuschnitt aus Content-Lieferant, Photoshopper und Data-Analyst entwickelten, fand man heraus, was auf welchem Kanal wie funktioniert. Wohlwollende Chefredakteure überführten dieses Trial-and-Error dann ab 2015 in ein Innovationslabor, ausgestattet mit einem größeren Budget und Zugriff auf die zentrale Grafik. Aktuell sind für die Social-Media-Aktivitäten der Tagesschau jeden Tag 20 Schichtdienste besetzt, Planer, Grafiker und Cutter müssen noch hinzugezählt werden.

Heute erzielt die Tagesschau mit einem Beitrag zur Jugendsprache auf TikTok 2,4 Millionen Aufrufe. Auf Facebook werden Beiträge mit 20-30.000 Kommentaren versehen, pro Tag. Bei Instagram hat man 3,6 Millionen Follower. Über die Sozialen Medien bekommt die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen so wieder stärker Zugang zur Tagesschau und sie schauen auch im linearen Fernsehen immer öfter die Tagesschau. Wurden die Social-Media-Aktivitäten anfänglich als „Schnipsel und Gedöns“ abgetan, stärken sie heute die Marke durch Zugang zu jungen Zielgruppen im linearen Fernsehen.   Im Fazit bleiben der lange Atem, die jeweilige inhaltliche Adaption, vernünftig gestaffte Ressourcen und die besondere Mischung an multimedialen Fertigkeiten, die Mitarbeiter besitzen müssen, um auf diesen jungen Kanälen Erfolg zu haben. Für viele IT-Unternehmen und Mittelständler, die sich hier versuchen, ist das Scheitern vorprogrammiert: Man versucht es halbherzig mit One-fits-all, realisiert über den engagierten Werkstudenten, und bemerkt nach kurzer Zeit, dass das nicht zu den gewünschten Follower-Zahlen führt. Wie auch? „Das bringt ja alles nix!“, heißt es dann und wird wieder eingestellt. Richtig: Halbe Sachen führen selten ganz zur Exzellenz. Noch mal anders versuchen, bitte.

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