Ich kann mich noch gut an die Werbeschaffenden Anfang des Jahrtausends erinnern: Der Anzeigenverkäufer des manager magazins besuchte mich regelmäßig und brachte mir die neusten Ergebnisse aus den Anzeigentests der vergangenen Hefte. Spannend waren dabei immer die „ungestützten“ Abfragen, also nach dem Lesen des Hefts wurde die Stichprobe befragt, welche Marken ihnen bei den Anzeigen aufgefallen waren. Und dabei wurde dem Gedächtnis nicht mit einer vorgelegten Liste nachgeholfen, wie gesagt: ungestützt sollte die Erinnerung funktionieren. 

Im nächsten Schritt wurde dann gefragt, an welche Details man sich bei der Anzeige der Marke erinnere (Farben, Formen, Motive usw.). Und schließlich ging es auch um Inhalte: Wofür denn die Marke stehe?

Heutzutage ist es selten, dass Technologieunternehmen noch Anzeigen schalten. Das war auch damals schon ein wenig verpönt. Bis heute findet sich bis tief in die Führungskräftemannschaft die Einstellung vor: Marketing und Werbung sind Lügen verbreitendes Schönreden, Greenwashing u.ä. Das mag sicherlich auch zutreffen. Es enthebt aber nicht der Aufgabe, die Marke mit Botschaften zu verbinden, um wiedererkennbar zu werden bzw. ein Profil zu entwickeln.

Von außen betrachtet ist vieles an Kommunikation der Softwarehäuser vollkommen austauschbar: Platzierung bei Great Place to Work, Girls Day, Pride und LGBTQIA+, New Work, Begrüßung neuer Kolleg:innen, Weihnachtsspende, Firmenlauf, Feierabend-Bier, Konferenzteilnahme, Meetup usw. usf.  Mmmhhh… was bleibt denn dann noch als Differenzierungsmerkmal?

Und selbst wenn man es schafft, dass die Software-Marke für bestimmt Softwarethemen steht (XY ist seit Jahren ausgewiesener Experte für Application Management in der Branche Banken und Finanzen), dann stellt sich doch die Frage: Ja, Softwarehaus für Individualsoftware gibt es viele: Was unterscheidet denn beim Thema Application Management  XY von Konkurrent Z, der das Thema ja auch seit Jahren bearbeitet und ebenfalls Kunden im DAX hat?

Sicherlich wünsche ich mir nicht die Anzeigen zurück, aber eine klare Positionierung, bei der die Kommunikationsstrategie aus der Unternehmensstrategie abgeleitet ist. Und das sollten klare Aussagen zur eigenen Arbeit sein, wie man diese macht, wie man an Aufgaben herangeht, was genau den Unterschied macht.  Auf Unternehmenskultur-Folklore kann ich im Gegenzug gerne ein wenig verzichten. Und Ja: das ist nicht aufregend, nicht spannend, sondern eine notwendige, wiederkehrende Aufgabe. Immer mit Botschaft in die gleiche Kerbe. So entsteht Profil.

(Bild: unsplash.com)

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