Greta, FFF und der Regierungswechsel haben den Klimawandel und das Thema Nachhaltigkeit noch mal deutlicher auf die Tagesordnung gesetzt. Die Natur spielt auch mit und heizt uns ein. In der IT-Industrie wird darüber auf zwei signifikanten Ebenen nachgedacht, auf denen dies passieren kann: Zum einen innerhalb der Software-Entwicklung und zum anderen als Beitrag, den die Digitalisierung zur Erreichung der deutschen Klimaziele leisten kann. Im Prinzip besteht noch eine dritte Möglichkeit, indem man den CO2-Ausstoß kompensiert mit Hilfe der bekannten Compensate-Angebote. Dies ist aber eine grundsätzliche Möglichkeit und steht nicht in direktem Bezug zur IT-Industrie.

Software grün entwickeln – was bedeutet dies und wie geht das überhaupt? Ende März fand dazu ein Community-Kickoff als Meetup in München statt. Im Kraftwerk (sic!) an der Drygalski-Allee traf man sich in den aussichtsreichen Räumen von MaibornWolff. Dr. Thomas Kisler, Data Scientist und Software-Entwickler bei MaibornWolff, erläuterte den Hintergrund: Eine Gruppe von Software-Entwicklern und Informatikern hat sich zusammen getan, um Verantwortung zu übernehmen und einen Beitrag zum Erhalt eines lebenswerten Planeten zu leisten. Gemeinsam hat man ein Green Software Development Manifesto geschrieben (agilemanifesto lässt grüßen), dass Motivation, Ziel und Haltung festschreibt. Mit Hilfe einer offenen Community sollen gemeinsame Maßnahmen und Vorgehensweisen für die ökologische Transformation der Softwarebranche und der Gesellschaft entwickelt werden. Zu den Erstunterzeichnern gehören Mitarbeitende von MaibornWolff, QAware und DoubleSlash. Unter greenmanifesto.de kann man mitzeichnen.

Ralf Richter von DoubleSlash ging anschließend etwas tiefer in die Details und stellte ein paar Möglichkeiten grüner Software-Entwicklung vor. Die Vorschläge reichten vom Verzicht auf On Premise zugunsten der ressourcen-schonenderen Cloud, über schnellere, leistungsfähigere Chips bis hin zur Serverless-Entwicklung von Apps. Auch der Einsatz von Static Data kann Websites und Applikationen deutlich grüner gestalten. Klar wurde auch, dass die im Entwicklungsprozess häufig genannte Forderung „wir müssen mit der Anwendung schneller werden“ auch dazu führen kann, dass sich der CO2-Fußabdruck deutlich vergrößert. Entsprechende grüne Guidelines für die SWE sind schwer in den Softwarehäusern zu verankern – way to go. Es gehört auch noch eine Menge Überzeugungsarbeit dazu, die Stakeholder mitzunehmen und zu bewegen.

Die zweite Ebene des Wertbeitrags der IT für mehr Nachhaltigkeit liegt in der Digitalisierung selbst: Im Frühjahr 2021 hat der Verband bitkom eine Studie veröffentlicht, indem der Beitrag digitaler Technologien zum Klimaschutz abgeschätzt wurde. Die Bundesregierung setzte sich das Klimaziel, 65% weniger Treibhausgase 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 auszustoßen. Um dieses Klimaziel zu erreichen, müssen in den nächsten Jahren 372 MT CO2e eingespart werden (CO2e = Kohlenstoffdioxidäquivalente: Die Treibhausgase werden entsprechend ihrer klimaschädlichen Wirkung in die Berechnungsgröße CO2 »übersetzt«). Die Studie untersucht das CO2e-Einsparpotenzial digitaler Technologien in den sieben emissionsstärksten Anwendungsbereichen: Fertigung, Mobilität, Energie, Gebäude, Arbeit & Business, Landwirtschaft und Gesundheit. Bei beschleunigter Digitalisierung können digitale Technologien 41% zur Erreichung des 2030-Klimaziels beitragen, bei moderater Digitalisierung 28%. Gleichzeitig gilt aber auch, dass die digitale Infrastruktur durch die Produktion, Nutzung und Entsorgung 2030 etwa 18-26 MT CO2e verursacht. Entsprechend sinkt der CO2e-Nettoeffekt: Das CO2e-Einsparpotenzial digitaler Technologien abzüglich des CO2e-Fußabdrucks beträgt 34% bei beschleunigter und 23% bei moderater Digitalisierung der 2030 nötigen Emissionseinsparungen.

Hier lassen sich also beide Aspekte grüner Software-Entwicklung verbinden: Würde man die Software-Entwicklung selbst grüner gestalten, könnte der Beitrag zur Erreichung der Klimaziele bis 2030 um einige Prozente höher sein – dringend notwendig.

P.S.: Unter der Adresse www.websitecarbon.com kann man sich den CO2-Fußabdruck seiner Website berechnen lassen: Meine Website relativhammer.de, die ich bei Ionos hosten lasse, scheint 64% umweltfreundlicher zu sein als im Vergleich zu allen dort getesteten Websites 😀

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