Ist das Web3 der Anfang von etwas Neuem oder nur ein Hype? Wie ordnet man die Innovationen ein? Medial beobachten lassen sich die klassischen drei Reflexe: love it, change it or leave it. Momentan herrscht vielleicht ein bisschen viel „Leave it“-Stimmung vor und damit ist die Gefahr gegeben, dass man die Innovation übersieht. Die Entwicklung des Drehscheiben-Telefons zum Smartphone spricht da Bände. Sascha Lobo hat das letztens in seiner Spiegel-Kolumne schön formuliert: Es hätte 1987 für die meisten Menschen ebenso merkwürdig geklungen, wenn man von einem Ministreichelbildschirm gesprochen hätte, den die Leute 2022 teils mehr als die Hälfte ihrer Wachzeit in der Hand haben.

Am 9. November fand im Munich Urban Colab das Web3 Innovation Forum zum zweiten Mal statt, veranstaltet von TUM Venture Labs and Founders@UniBw. Pitches, Vorträge und Panels suchten Antworten auf die Frage, was das Web3 ist, welche Use Cases Sinn machen oder wie wir unsere virtuelle Identität im Metaverse gestalten können. Auch hier aufgeklärte Ernüchterung, man distanziert sich vom Hype und Spekulantentum rund um gelangweilte Affenbilder und virtuelle Immobilien(preise). Das ist aber nicht alles und man muss etwas differenzierter hinhören.

Paradigmatisch konnte man das am Vortrag von Christoph Jentzsch verfolgen, der mit der Ethereum-Blockchain Achterbahn fahren durfte: Jentzsch gehörte mit zum Team der Kern-Entwickler und leider unterlief ihnen ein kleiner Code-Fehler, der 2016 zu einem Hack führte und Ethereum beinahe crashte.  43 Millionen Dollar wurden entwendet und konnten nur durch einen Hard Fork wieder hergestellt werden. Sechs Jahre später erklärt nun Jentzsch in seinem Vortrag, was noch alles fehlt auf dem Weg zu einem echten Web3: Immer noch nur eine rudimentäre Infrastruktur bzw. Protokolle, alles weit weg von breit geteilter Akzeptanz und viel zu viel Spekulation. Aber er belässt es nicht beim Finger in die Web3-Wunde legen, sondern zeigt, welche Pflaster er im Gepäck hat. Zum Beispiel mit einem interoperablen und user-owned Messenger (dm3.network) oder dem Ansatz, mit Hilfe von Token in Start-ups zu investieren, verbunden mit der Möglichkeit, diese in GmbH-Anteile zu wandeln (tokenize.it). Rom und das Web3 wurden nicht an einem Tag erbaut, aber stündlich werden Steine verlegt. Da nimmt jemand seine Aufgabe richtig ernst und die Flausen sind aus dem Kopf.   

Echte Innovationen kann man vielleicht an ihrer Dehnbarkeit erkennen: Sie sind kein One-Trick-Pony, sondern haben die technologische Komplexität in sich, zukünftig die richtigen Adaptionen und Entwicklungen zu ermöglichen. Digitaler Besitz durch Token, die Verschmelzung von physisch und digital sowie die starke Dezentralisierung und der damit verbundene Ausschluss von Intermediären sind Erkennungsmerkmale einer Innovation, die unsere Zukunft stark verändern wird. Meine Meinung zum Status Quo: change it mit einem Schuss love it.

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